Clus­ter­modell bei Corona-Fällen: Was heißt das für Schulen in der Region Osnabrück?

Wir zitieren den NOZ-Artikel vom  25.11.2020 (Text und Bild von Julia Gödde-Polley, Malte Goltsche)

Osna­brück Schnellere Ein­dämmung von Corona-Infek­tionen an Schulen: Ab sofort wird die Nach­ver­folgung von Kon­takt­per­sonen an den Schulen in Land­kreis und Stadt Osna­brück auf das soge­nannte Clus­ter­modell umgestellt.
Land­kreis-Sprecher Burkhard Rie­penhoff erklärt die neue Methodik auf Anfrage so: Bei einem Infek­ti­onsfall in einer Schul­klasse soll nun statt der bis­he­rigen auf­wen­digen Ver­folgung der ein­zelnen Kon­takte die gesamte Gruppe geschlossen in häus­liche Qua­rantäne geschickt werden – für 14 Tage. Eine Ver­kürzung sei nur in begrün­deten Aus­nah­me­fällen möglich. Die zuvor ange­wendete Ein­zel­fall­be­trachtung habe Zeit gekostet, denn jeder Schüler habe tele­fo­nisch erreicht werden müssen, berichtet Rie­penhoff. Anschließend hätten die Mit­ar­beiter des Gesund­heits­dienstes ein­schätzen müssen, wie hoch das Infek­ti­ons­risiko sei, und gege­be­nen­falls eine Qua­rantäne anordnen müssen.
Das fällt mit dem Clus­ter­modell nun weg: Sobald es einen Covid-19-Fall gibt, ordnet das Gesund­heitsamt für alle betrof­fenen Schüler eine Qua­rantäne an. Dabei spielt es nach Aus­kunft des Land­kreis­spre­chers keine Rolle mehr, ob ein Schüler bei­spiels­weise zwei Tage zuvor krank und nicht in der Schule war. Nur für Lehr­kräfte, die sich oftmals nicht dau­erhaft in einer Klasse auf­halten, soll es wei­terhin Ein­zel­fall­ent­schei­dungen geben, kündigt Rie­penhoff an. Als Folge der Qua­rantäne einer ganzen Schul­klasse wechselt die betroffene Schule auto­ma­tisch in das soge­nannte Sze­nario B, bei dem die geteilten Klassen im Wechsel unter­richtet werden.
Ziel der Cluster-Methodik sei es, mög­liche Infek­ti­ons­ketten so schnell wie möglich und leichter zu unter­brechen. Zudem hätten die Mit­ar­beiter im Gesund­heits­dienst dadurch Kapa­zi­täten frei für andere Corona-Fälle und deren Nach­ver­folgung von Kon­takt­per­sonen. Der Gesund­heits­dienst erhoffe sich dadurch eine effi­zi­entere Bekämpfung der Pan­demie. Aktuell gibt es immer mehr Schulen in Stadt und Land­kreis mit Covid-19-Fällen.
Das Clus­ter­modell dürfte zur Folge haben, dass die Zahl der aktuell in ange­ord­neter Qua­rantäne befind­lichen Men­schen in Stadt und Land­kreis Osna­brück steigt. Eine zu harte oder ange­messene Ent­scheidung? Rie­penhoff ver­weist auf das aktuelle Infek­ti­ons­ge­schehen in der Region. Bei den aktuell hohen Zahlen komme der Gesund­heits­dienst „eher in die Kritik, wenn wir zu lasch sind“. Man müsse aktuell alles machen, was gehe, um die Zahl der Neu­in­fek­tionen zu senken.
Mit der neuen Regel, die aktuell aus­schließlich für Schulen gilt, gehen Stadt und Land­kreis Rie­pen­hoffs Angaben zufolge über die der­zei­tigen Vor­schriften aus der nie­der­säch­si­schen Lan­des­ver­ordnung hinaus. Diese ermög­liche nach einem Covid-19-Fall, ein­zelne Schüler in Qua­rantäne zu schicken. Auch die Anordnung einer häus­lichen Iso­lation für eine gesamte Klasse sei möglich – aber dennoch müsse jeder Schüler der Kohorte einzeln betrachtet werden, erklärt der Sprecher.
Wenn aller­dings keine Klasse in Qua­rantäne geschickt wird, gibt es keine Infek­ti­ons­schutz­maß­nahme nach der Defi­nition des nie­der­säch­si­schen Kul­tus­mi­nis­te­riums und damit kein Sze­nario B an der gesamten Schule. Dafür muss sich min­destens eine Klasse in häus­licher Iso­lation befinden, und die Inzidenz muss bei mehr als 100 Neu­in­fek­tionen pro 100 000 Ein­wohner innerhalb von sieben Tagen liegen – was in Stadt und Land­kreis aktuell ja gegeben ist.
Die Experten im Gesund­heits­dienst sind nach Aus­kunft von Rie­penhoff zu der Ein­schätzung gekommen, dass die Cluster-Methodik ein gutes Mittel ist, um das Infek­ti­ons­ge­schehen in der Region ein­zu­dämmen. Durch den sofor­tigen Wechsel einer Schule bei einer Klassen-Qua­rantäne ins Sze­nario B gebe es weniger Kon­takte in den Schulen. Zudem dürfte sich der Andrang in den Bussen ver­ringern. Dadurch „hoffen wir, dass das Virus dort weniger Mög­lich­keiten hat zu springen“.
Doch die Infek­ti­ons­zahlen sind ja nicht erst jetzt in die Höhe geschnellt, sondern bereits seit meh­reren Wochen kon­ti­nu­ierlich gestiegen und auf einem hohen Niveau. Warum also erst jetzt der Schritt zum Clus­ter­modell? Man hätte es auch früher machen können, berichtet der Land­kreis­sprecher. Doch eine solche Änderung und Ver­schärfung müsse immer gut begründet werden. Erst mal hätten die Ver­ant­wort­lichen geschaut, was der aktuelle „Lockdown light“ bewirke oder auch nicht. Mit der neuen Methodik wollten die Ver­ant­wort­lichen das Signal an die Bevöl­kerung senden, dass die Zahlen wei­terhin zu hoch seien und schnell gehandelt werden müsse.
Und wie lange gilt das Clus­ter­modell jetzt? „Die Lage ist dyna­misch, erst mal gilt das jetzt“, ant­wortet Rie­penhoff. Sollten die Corona-Zahlen weiter steigen, sei gege­be­nen­falls auch denkbar, andere und/oder weit­rei­chendere Cluster mit gefähr­deten Per­sonen zu bilden. Für die kom­menden Wochen seien Ände­rungen – zum Bei­spiel bei der Länge der Qua­rantäne – möglich, sagte der Land­kreis-Sprecher am Mittwoch.